Arbeitsrecht in der Pandemie

Urlaubsrecht in der Corona-Krise

Die Corona-Krise wirft einige besondere Fragen um den Urlaub auf, die wir hier beantworten. Allgemeine Informationen über die "Normalität im Urlaubsrecht" kön­nen Sie unserer Broschüre zum Urlaubsrecht entnehmen. Hier geht es um

Zum Thema Urlaubsanspruch und Kurzarbeit und insbesondere zu der Frage, ob der Jahres­urlaubsanspruch bei "Kurzarbeit Null" reduziert wird, lesen Sie bitte ⇒ hier und zur Berechnung des Ur­laubs­entgelts bei Kurzarbeithier weiter.

Anordnung des Resturlaubs

Der Abbau von Resturlaubsansprüchen aus dem Vorjahr ist Voraussetzung für die Gewährung von Kurz­arbeitergeld. Zudem kann aber auch in anderen Fällen vor einer bezahlten Freistellung die An­ordnung restlichen, unverplanten Urlaubs aus dem laufenden Jahr in Betracht kommen. In verplante (beantragte und bewilligte) Urlaubszeiträume können Sie durch Widerruf der Bewilligung nor­maler­weise nicht eingreifen.

Ordnen Sie ggf. die Inanspruchnahme von Resturlaub an.

Formulierungsvorschlag zur Anordnung von Resturlaub:

Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation um den Corona-Virus ordnen wir hiermit die In­anspruchnahme Ihres Resturlaubs von X Werk/Arbeitstagen an. Ab (Datum) haben Sie da­her Urlaub bis zum (Datum). Das Urlaubsentgelt erhalten Sie wie üblich mit Ihrer laufenden Vergütung.

Variante 1:
Weitere Informationen, ab wann Sie wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren können, lassen wir Ihnen so bald als möglich zukommen. Bitte warten Sie das ggf. auch über das Ende des o.a. Urlaubszeitraums hinaus ab und teilen Sie uns bitte umgehend mit, wie wir Sie zu diesem Zweck auch kurzfristig, z.B. per Telefon, SMS, privater E-Mail, erreichen können.

Variante 2:
Wenn Sie bis zum Ende des o.a. Zeitraums keine gegenteilige Information erhalten haben, erwarten wir Sie am folgenden Arbeitstag wieder an Ihrem Arbeitsplatz. Bitte teilen Sie uns aber umgehend mit, wie wir Sie auch kurzfristig, z.B. per Telefon, SMS, privater E-Mail, erreichen können, um Sie zu informieren, wenn sich etwas anderes ergibt.

Urlaub und Quarantäne

Unterfällt der Arbeitnehmer während seines Urlaubs einer Quarantänepflicht, ohne an Covid-19 zu erkranken, ändert das nichts an der wirksamen Bewilligung des Urlaubs. Es bleibt dabei, dass der Urlaubsanspruch erfüllt wird und der Arbeitnehmer erhält weiterhin sein Urlaubsentgelt. Für diesen Zeitraum besteht auch kein Entschädigungsanspruch nach dem IFSG. Das folgt mittelbar aus dem Urteil des BAG vom 25.08.2020 (Az. 9 AZR 612/19).

Wer während seines Urlaubs an Covid-19 erkrankt, muss sich ärztlich bescheinigen lassen, dass er aufgrund der Erkrankung arbeitsunfähig ist. Andernfalls ist der Arbeitgeber nicht zur Nachgewähr des Urlaubs verpflichtet, so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 15.10.2021 (7 Sa 857/21).

Das LAG Düsseldorf machte mit seiner Entscheidung deutlich, dass die Regelung in § 9 BUrlG zwischen einer Erkrankung einerseits und einer darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit andererseits differenziere. Beide Begriffe seien nicht gleichzusetzen. Daher erfordert die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits bewilligtem Urlaub, dass durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen wird, dass aufgrund der Erkrankung Arbeitsunfähigkeit gegeben ist. Alleine die Quarantäne-Anordnung des Gesundheitsamtes ersetzt dieses Erfordernis nicht. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit muss durch einen Arzt vorgenommen werden.

Rückreisehindernisse bei Urlaubern im Ausland

Ist der Arbeitnehmer, sei es durch die Anordnung einer Quarantäne, Flugausfälle oder Ein­reise­be­schrän­kungen daran gehindert, aus dem Urlaub zurückzukehren, ist das sein Risiko. Er allein trägt das Risiko der Rückkehr aus dem Urlaub. Allerdings wird es sich normalerweise, wenn er sich nicht nach einer Reisewarnung gleichwohl ins Ausland begeben hat, ein Fall der unverschuldeten Verhinderung den der Erbringung der Arbeitsleistung vorliegen; er hat aber keinen Vergütungsanspruch.

Anderes kann aber der Fall sein, wenn sich der Betroffene im Rahmen einer Dienstreise im Ausland auf­hielt und nicht mehr nach Deutschland zurückkehren kann. Dann trägt der Arbeitgeber das Rückkehrrisiko; der Arbeitnehmer behält also seinen Vergütungsanspruch.

Wird nach der Einreise eine Quarantäne verhängt, können die Grundsätze des In­fektions­schutz­­gesetzes zur Anwendung gelangen (siehe ⇒ hier)

Reiseverbot in Hochrisiko- oder Virusvariantengebiete

Der Arbeitgeber dürfte im Regelfall nicht berechtigt sein, seinen Arbeitnehmern Urlaubs-/Privatreisen in ein Hochrisikogebiet bzw. Virusvariantengebiet zu untersagen. Das gilt auch, wenn es für ein Urlaubsland eine vom auswärtigem Amt ausgesprochene Reisewarnung wegen Covid 19 gibt.

Es empfiehlt sich aber dann, wenn der Arbeitgeber Kenntnis davon hat, dass sich der Arbeitnehmer zu touristischen Zwecken in ein Hochrisiko-bzw. Virusvariantengebiet begeben will, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er bei Rückkehr aus dem Urlaub voraussichtlich einer Quarantänepflicht unterliegt und er für diese Zeit keinen Vergütungsanspruch hat. Ein Muster eines entsprechenden Schreibens, welches Sie aus anlasslos und allgemein zur Information Ihrer Arbeitnehmer nutzen können, finden Sie ⇒ hier.

Ob eine Situation, in der sich ein Arbeitnehmer unter bewusster Hinnahme der Quarantänepflicht und mit dem Hintergedanken, dadurch nach seinem Urlaub noch 14 Tage unbezahlten Urlaubs im häuslichen Umfeld nehmen zu können, Anlass für weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnung und ggf. Kündigung sein kann, ist eine Frage des Einzelfalls.

Fragerecht bei Urlaubsrückkehr

Der Arbeitgeber ist berechtigt, danach zu fragen, ob sich ein Arbeitnehmer an einem Ort aufgehalten hat, für den eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes bestand oder der in einem vom RKI ausgewiesenen Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet liegt. Anders kann er seinen Pflichten zum Schutz der anderen Arbeitnehmer aus § 3 Abs. 1 ArbSchG nicht nachkommen. Die damit verbundene Erhebung und Verarbeitung personenbezogener (Gesundheits-)Daten ist nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c, 9 Abs. 2 DSGVO iVm §§ 26 Abs. 3 S. 1, 22 Abs. 1 Nr. 1 b BDSG gerechtfertigt.

Einen konkreten Ort muss der Arbeitnehmer allerdings nicht nennen.

U.U. kann auch die Anordnung einer betriebsärztlichen Untersuchung geboten sein. Eine Verpf­lich­tung zur Unter­su­chung kann sich dabei aus der Treuepf­licht des Arbeit­neh­mers erge­ben, sofern ein besonderes berech­tig­tes Inter­esse des Arbeit­ge­bers vorliegt. Der Ver­dacht einer anste­cken­den Krank­heit wie der Infek­tion mit dem Coro­na­vi­rus dürfte dazu ausreichend sein.

Rückkehrer aus Hochrisiko-/Virusvariantengebieten - Quarantänepflicht

Nach Deutschland aus dem Ausland einreisende Personen, die sich innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, können je nach der aktuell geltenden Rechtslage verpflichtet sein, sich unverzüglich nach der Einreise für einen Zeitraum von 10 Tagen in häusliche Quarantäne (sog. Absonderung) zu begeben, die frühestens durch einen negativen Coronatest am fünften Tag nach der Rückreise beendet werden kann.

Lesen Sie dazu das BMG-Merkblatt für Reisende (Download über das RKI ⇒ hier). Für die konkrete Umsetzung der Maßnahmen  sind die Bundesländer zuständig. Das Robert- Koch-Institut (RKI) weist hierzu die internationalen Risikogebiete bzw. Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete aus, nach deren Besuch eine Pflicht zur Quarantäne bestehen kann (Download ⇒ hier).

Der Arbeitgeber ist in diesem Falle berechtigt, alles betriebsorganisatorisch Notwendige zu unter­nehmen, um andere Beschäftigte zu schützen und die Arbeitsleistung aufrecht zu erhalten. Davon kann unter anderem die Anordnung von Homeoffice erfasst sein. Ist die Erbringung der Arbeits­leistung im Homeoffice nicht möglich, besteht kein Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers. Eine Freistellung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist aber nicht erforderlich, da der Arbeitnehmer bereits nach der jeweisl geltenden Verordnung verpflichtet ist, in häuslicher Quarantäne zu bleiben.

Ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers nach dem Infektions­schutz­gesetz besteht in diesen Fällen nicht.

Begibt sich ein Arbeitnehmer bewusst in ein vom RKI als Hochrisiko-/Virusvariantengebiet ausgewiesenes Land, sind zudem Aspekte eines möglichen Mitverschuldens des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Besteht für ein Land eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, ist es aber nicht zu einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet im Sinne der Kriterien des RKI erklärt, muss sich der Arbeitnehmer in der Regel nicht in Quarantäne begeben. Lesen Sie dazu ⇒ hier weiter.

Vergütung der von Quarantänemaßnahmen in Deutschland betroffenen Arbeitnehmer

Quarantäne bzw. die sog. "Absonderung" nach dem Infektionsschutzgesetz ist kein Fall der Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitnehmer darf lediglich sein - im Normalfall häus­liches - Umfeld nicht verlassen. Kann er dann seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen, hat der Arbeitnehmer u.U. einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber nach § 616 BGB, sofern dieser nicht tarif- oder arbeitsvertraglich, wie in unseren Allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, ausgeschlossen ist.

In den meisten Fällen der Quarantänepflicht wird es sich nicht nur um eine „kurzzeitige Verhinderung“ i.S.d. § 616 BGB handeln, der grundsätzlich nur sehr kurze Zeiträume von wenigen Tagen erfasst. Ein Urteil des BGH aus dem Jahr 1978, in dem der BGH einen Zeitraum von sechs Wochen noch als kurzfristige Verhinderung gewertet hat, ist eine Einzelfallentscheidung und nicht auf die heutige Situation übertragbar. Vielmehr entfällt der Anspruch aus § 616 BGB bei Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle von nur wenigen Tagen vollständig.

Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz können aber nur dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer persönlich infolge einer Anordnung des Gesundheitsamtes "abgesondert" wird. Dass ein Arbeitnehmer nach Urlaubsrückkehr aus einen Hochrisiko oder Virusvariantengebiet verpflichtet ist, sich zunächst selbst für 10 oder 14 Tage in häusliche Quarantäne zu begeben, reicht dazu nicht aus.

Tatsächlich Erkrankte haben indes die normalen Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall und nach 6 Wochen Krankengeldansprüche nach den allgemeinen Bestimmungen.

Mitverschulden des Arbeitnehmers bei Reisen in Hochrisiko- / Virusvariantengebiete

Begibt sich der Arbeitnehmer zu touristischen Zwecken ins Ausland, ist von ihm zu erwarten, dass er sich in der aktuellen Krisensituation über die Folgen seiner Reise informiert. Wenn ein Gebiet als Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet ausgewiesen ist und eine entsprechende Quarantäne-Verordnung besteht oder der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber sogar auf eine mögliche Quarantäne-Verpflichtung hingewiesen wurde, ist von einem Mitverschulden an der Verhinderung seiner Arbeitsleistung auszugehen. Das dürfte nur dann nicht gelten, wenn der Arbeitnehmer seine Reise aufgrund eines in der jeweiligen Verordnung genannten triftigen Grundes angetreten hat, für den die Verordnung eine Ausnahme von der Quaratäneverpflichtung vorsieht, z.B. zur Wahrnehmung des Sorgerechts für ein Kind oder zur Pflege schutzbedürftiger Personen.

Urlaubsrückkehr aus Urlaubsländern, die kein Risikogebiet sind

Bei Arbeitnehmern, die nicht aus einem „Risikogebiet" zu­rück­kehren, ist zu unterscheiden, ob diese Anzeichen einer Atemwegserkrankung zeigen oder nicht. Lesen Sie dazu die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Meldung von Ver­dachts­fällen.

a.      ohne Infektionsanzeichen

Ohne entsprechende Anzeichen ist der „Rückkehrer" normal zu beschäftigen, er ist normalerweise auch nicht verpflichtet, ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorzulegen. Der Arbeitgeber kann aber, wenn er daran im Einzelfall ein berechtigtes Interesse hat, eine ärztliche Untersuchung eines zurückgekehrten Beschäftigten verlangen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer besonderen Ansteckungsrisiken ausgesetzt war und Erkältungssymptome zeigt, sodass eine konkrete Infektions­gefahr besteht. Davon dürfte bei Ländern, die nicht als Risikogebiet eingestuft sind, ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht auszugehen sein.

Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung. Der Arbeitgeber kann aber bei erkennbaren Risiken aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht - auch gegenüber den anderen Arbeitnehmern - gehalten sein, mögliche Ansteckungen durch zurückkehrende Beschäftigte über Aufklärungs- und andere Vorsichtsmaßnahmen zu verhindern. Im Einzelfall kann daher auch eine einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber für einen Zeitraum, der einer möglichen Inkubationszeit entspricht, in Betracht kommen. Nutzen Sie die etwaige Zeitguthaben, indem Sie deren Abbau durch Freistellung anordnen, oder die Möglichkeit der Arbeit im Homeoffice.

b.     mit Infektionsanzeichen

Zeigt der Arbeitnehmer Anzeichen für eine Infektion, sollte er vorsorglich bis zum Vorliegen des Ergebnisses einer ärztlichen Untersuchung nicht beschäftigt werden. Lesen Sie weiter auf der Seite Infektionsverdacht.

Stornierung von Urlaub

Mitarbeiter, die ihre geplante Urlaubsreise nicht antreten können, z.B. weil die Reise storniert wurde, kommen tat­sächlich, wie unsere Beratungspraxis zeigt, auf den Gedanken, ihren schon genehmigten Urlaub wieder "zurückzugeben", um ihn neu planen zu können.

Darauf haben die Mitarbeiter keinen Anspruch! Der Urlaubsanspruch besteht in der Freistellung von der Arbeit; wie der Arbeitnehmer dann seine Freizeit verbringt, ist seine Sache und auch sein Risiko.

Lehnen Sie dies aber nicht reflexartig ab, sondern prüfen Sie zunächst folgendes:

  1. Wie sind Ihre Personaleinsatzplanungen? Benötigen Sie den Mitarbeiter vielleicht doch jetzt oder später zu einem anderen Zeitraum, auf den Sie sich mit dem Mitarbeiter auch gleich verständigen könnten?
  2. Planen Sie oder sind Sie schon in  Kurzarbeit? Dann lesen Sie hier nach, wie es sich um den Urlaub in der Kurzarbeit verhält.

Weitere Informationen rund um den Urlaub können Sie unserer Broschüre zum Urlaubsrecht ent­nehmen.

Mit den Informationen auf unserer Website verfolgen wir das Ziel, Sie stets auf dem Laufenden zu halten. Der Inhalt wird von uns mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt, wir übernehmen aber keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit unserer In­for­ma­tionen. Wir können und werden diese Informationen ständig und ohne Ankündigung ändern. Insbesondere leisten wir damit keine individuelle Rechtsberatung und übernehmen für Entscheidungen, die Sie aufgrund unserer Informationen fällen, keine Haftung. Dazu bedürfte es der Begründung eines Mandatsverhältnisses, welches sich auf die individuelle Beratung im Zusammenhang mit konkreten Rechtsfragen richtet und dessen Zustandekommen von uns bestätigt wurde. Auf externe Verweise (Links) haben wir keinen Einfluss; sie bedeuten nicht, dass wir uns deren Inhalt zu eigen machen.
Die von uns angebotenen weiteren Downloads von unserer Website stehen nur unseren Mandanten zur Verfügung, die mit uns dazu eine Informationsvereinbarung abgeschlossen haben.

 
Direktlink