Arbeitsrecht in der Pandemie

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, Kurzbezeichnung "Corona-ArbSchV" und daher auch häufig als "Coroan-Arbeitsschutzverordnung" bezeichnet, war usprünglich bis zum 15. März 2021 befristet. Inzwischen wurde die Geltungsdauer mehrfach, aktuell bis zum 20.03.2021 verlängert. Den Text können Sie ⇒ hier downloaden.

⇒⇒ Den Referentenentwurf zur neuen Verordnung können Sie ⇒ hier downloaden.

Die noch bis zum 20.03.2022 geltende Verordnung sieht in § 2 zunächst so bezeichnete Maßnahmen zur Kontaktreduktion im Betrieb vor:

1.   Pflicht zur Überprüfung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes. Ein Muster dafür stellen wir Ihnen ⇒ hier zur Verfügung.

2.   Der Arbeitgeber hat alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren. Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen ist auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren.

3.   Betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen sind auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren und nach Möglichkeit durch die Verwendung von Informationstechnologie zu ersetzen. Können solche betriebsnotwendigen Zusammenkünfte nicht durch Informationstechnologie ersetzt werden, so hat der Arbeitgeber durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen, insbesondere durch Lüftungsmaßnahmen und geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen.

4.   Homeoffice: Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Dadurch sollen Kontakte am Arbeitsort, aber auch auf dem Weg zur Arbeit reduziert werden. Lesen Sie zu diesem Thema hier weiter.

5.   Regelungen zur Mindestfläche von 10 Quadratmetern pro jeder im Raum befindlichen Person, soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen. Lassen die auszuführenden Tätigkeiten dies nicht zu, so hat der Arbeitgeber durch andere geeignete Maßnahmen (insb. Lüftungsmaßnahmen, Abtrennungen) einen gleichwertigen Schutz sicherzustellen.

6.   Festlegung von kleinen Arbeitsgruppen in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten.

Nach § 3 der Verordnung ist der Arbeitgeber verpflichtet, medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken oder vergleichbare Atemschutzmasken – die Verordnung enthält eine Auflistung zu einsetzbarem Atemschutz - zu Verfügung zu stellen, wenn

  •        die Anforderungen an die Raumbelegung nach § 2 nicht eingehalten werden können,
  •        wenn der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann, oder
  •        wenn bei ausgeführten Tätigkeiten mit Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist.

Die Beschäftigten sind verpflichtet, die Masken zu tragen. Allerdings kann der Arbeitgeber auch andere Maßnahmen treffen, wenn diese ebenso wirksam sind.

§ 5 sieht zudem eine verpflichtendes Testangebot für Arbeitgeber vor (lesen Sie dazu hier weiter). Welche Meinung wir zu der Frage haben, ob der Arbeitgeber auch anordnen kann, dass die Tests von den Arbeitnehmern auch durchgeführt werden, können Sie hier lesen.

Fragerecht nach dem Impf-/Genesenenstatus

Aus der 3G-Regel am Arbeitsplatz ergibt sich zwar ein mittelbares Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impf-/Genesenenstatus. Der Arbeitnehmer aber kann die Auskunft verweigern, dies indes nur mit der Folge, dass er dann ersatzweise der Testpflicht unterliegt.

Nach § 4 Abs. 2 Corona-ArbSchV können Beschäftigte, bei denen ein Nachweis vollständiger Impfung oder Genesung von einer COVID-19-Erkrankung vorliegt, vom Testangebot ausgenommen werden. Ob ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impf- bzw. Genesenenstatus besteht, ist umstritten. Ein Fragerecht kann bestehen, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Information hat und das Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung seiner Daten das Interesse des Arbeitgebers an der Erhebung dieser Daten nicht überwiegt.

Nach Auffassung der BDA besteht ein Fragerecht regelmäßig nach einer Interessenabwägung, da das Interesse des Arbeitgebers am Gesundheitsschutz aller Mitarbeiter das Interesse der Beschäftigten an der Geheimhaltung überwiegt. Die Corona-ArbSchV verhält sich hierzu nicht eindeutig. In ihrem neuen § 2 Abs. 2 Satz 3 sieht sie Differenzierungsmöglichkeiten nach dem Impf- oder Genesenenstatus bei der Festlegung und Umsetzung von Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes vor. In ihrer Begründung stellt sie nur klar, dass sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 kein Auskunftsrecht des Arbeitgebers über den Impf- oder Genesenenstatus ergebe.

Ein Fragrecht des Arbeitgebers besteht aber in Verbindung mit § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG. Nach § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG erhält keine Entschädigung, wer durch Inanspruchnahme einer Impfung eine Quarantäne hätte vermeiden können (lesen dazu ⇒ hier weiter). Da der Arbeitgeber für die Entschädigungsleistung gesetzlich zur Vorleistung verpflichtet ist, muss er wissen, ob der betroffene Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch auf Entschädigung hat. In diesem Zusammenhang hat das BMG ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus bestätigt. Einen entsprechenden Hinweis nimmt das BMG in seine FAQs auf.

Im Rahmen des Bewerbungsprozesses gelten diese Grundsätze entsprechend.

In der seit dem 10.09.2021 geltenden Fassung der Corona-Arbeits­schutz­ver­ord­nung dürfen Arbeit­geber den Impf- oder Gene­sungs­status ihrer Arbeit­neh­mer bei der Fest­le­gung der Arbeits­schutz­maß­nahmen berück­sich­tigen, falls er ihnen bekannt ist. Im Rahmen der Gefähr­dungs­be­wer­tung kann eine Neu­be­wer­tung vor­ge­nommen werden, um die ein­zelnen Schutz­maß­nahmen anzu­passen. Aktuelle Hinweise der gesetz­liche Unfall­ver­si­che­rung (DGVU) finden Sie in einem aktu­ellen Posi­ti­ons­pa­pier.

Für Beschäftigte im Gesundheitswesen schafft bereits § 23a IfSG ein Fragerecht nach dem Impf- bzw. Genesenenstatus. Der Arbeitgeber kann den Status erfragen, um auf dessen Basis zu entscheiden, ob und wie die Arbeitnehmer eingesetzt werden können.

verpflichtendes Testangebot der Arbeitgeber

Arbeitgeber in Deutschland müssen ihren Beschäftigten wöchentlich zwei Corona-Tests anbieten, wenn sie nicht im Homeoffice arbeiten. Diese Pflicht folgt einem neuen § 5 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) -Näheres und auch zur Gültigkeitsdauer lesen Sie ⇒ hier. Ab 01.07.2021 gilt das indes nicht mehr für gegen Covid-19 vollständig geimpfte und genesene Personen.

Dabei geht es indes lediglich um eine Angebotspflicht für die Arbeitgeber - eine Testpflicht für Arbeitnehmer gibt es nach der Verordnung nicht. Der Arbeitgeber ist aber auch nicht verpflichtet, eine Bescheinigung über das Testergebnis zu erteilen.

Nach der Begründung der Verordnung können PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur professionellen oder zur Selbstanwendung (sog. Selbsttests) angeboten werden. Die Arbeitgeber müssen nicht dokumentieren, ob die Beschäftigten das Angebot angenommen haben. Nachweise über die Beschaffung von Tests nach § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Corona-ArbSchV oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung von Beschäftigten sind vom Arbeitgeber aber vier Wochen aufzubewahren (§ 5 Abs. 3 Corona-ArbSchV).

Die Kosten der Tests trägt der Arbeitgeber. Eine Erstattung dieser teils enormen Kosten erfolgt nicht. In einem ersten Entwurf der Verordnung hieß es aber, dass von der Pandemie besonders betroffene Unternehmen die Kosten bei der Überbrückungshilfe anrechnen können.

Zu der Frage, ob die Durchführung des Tests Arbeitszeit ist, schweigt sich die Verordnung aus. Solange aber die Durchführung des Tests selbst freiwillig ist, handelt es sich auch nicht um zu vergütende Arbeitszeit.

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel

Die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel (Download hier) wurde gemeinsam von den Arbeits­schutzausschüssen beim Bundesarbeitsministerium unter Koordination der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) erstellt und stellt verbindliche Maßnahmen für alle Bereiche des Wirtschaftslebens vor, mit denen das Infektionsrisiko für Beschäftigte gesenkt und auf niedrigem Niveau gehalten werden kann. Dabei bleiben Abstand, Hygiene und Masken die wichtigsten Instrumente. Zudem erhalten die Aufsichtsbehörden der Länder eine einheitliche Grundlage, um die Schutzmaßnahmen in den Betrieben zu beurteilen. Somit ist davon auszugehen, dass die neue SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel auch in Niedersachsen als Grundlage für die Kontrollen vor Ort zur Anwendung kommt. Soweit landesspezifische Regelungen wie die die Niedersächsische Corona-VO (https://www.niedersachsen.de/download/157614) gleichwertige oder strengere Regeln enthalten, sind diese landesrechtlichen Regelungen weiterhin zu beachten und werden auf ihre Einhaltung überprüft.

Der nach wie vor geltende SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard hatte nur reinen Empfehlungs­charakter. Die jetzt veröffentlichte SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel soll den SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard konkretisieren. Sie hat rechtlich den Rang einer Technischen Regel und enthält die Vermutung, dass die Betriebe bei Einhaltung der darin enthaltenen Maßnahmen rechtssicher handeln. Zwar drohen mangels Rechtsverbindlichkeit bei Verstößen keine Bußgelder/Strafen. Es ist jedoch dringend anzuraten, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu beachten, um bei Kontrollen insoweit auf der rechtlich sicheren Seite zu stehen. Zudem bestehen bei Nichtbeachtung Haftungsrisiken gegenüber Arbeitnehmern und das Risiko einer ordnungswidrigkeiten-, gesellschafts- und strafrechtlichen Verantwortung.

Die branchenspezifischen Vorschriften der Berufsgenossenschaften bleiben nach wie vor die Grundlage für die betrieblichen Maßnahmen gegen die Pandemie. Die Berufsgenossenschaften überprüfen zurzeit, ob ihre branchenspezifischen Regelungen an die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel angepasst werden müssen. Dabei ist aber nicht von erheblichen Änderungen der BG-Vorschriften auszugehen, da die Berufsgenossenschaften bereits in den Entwicklungsprozess der Arbeitsschutzregel eingebunden waren. Weiterführende Informationen dazu finden Sie u.a. beim Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung Spitzenverband (DGUV).

Gem. Ziff. 3 haben die Arbeitgeber vor dem Hintergrund der Epidemie und der Bekanntmachung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des BMAS gemäß §§ 5 und 6 ArbSchG die bestehende Gefähr­dungsbeurteilung und die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes hinsichtlich eventuell zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Der Arbeitgeber soll bei der Überprüfung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung und bei der Ableitung betriebsspezifischer Infektions­schutzmaßnahmen die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt einbeziehen. Zudem ist der Prozess beteiligungsorientiert unter Einbeziehung der des Betriebsrats oder, falls diese nicht vorhanden sind, mit den Beschäftigten umzusetzen. Die Betriebsräte haben, da es sich um eine Maßnahme des Gesundheitsschutzes im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG handelt, insoweit mitzubestimmen.

Die Regel beinhaltet differenzierte Umsetzungsmaßnahmen für die Betriebe. Diese umfassen zentrale technische Aspekte des Infektionsschutzes wie Lüftung und Abtrennungen und organisatorische Maßnahmen wie die Gestaltung der Arbeits- und Pausenzeiten sowie die Arbeit im Homeoffice.

Für Arbeitsbereiche, in denen technische und organisatorische Maßnahmen keinen hinreichenden Infektionsschutz bieten können, werden personenbezogene Maßnahmen formuliert, zum Beispiel die Nutzung von Mund-Nase-Bedeckungen (siehe Ziff. 4.1 Abs. 3). Entsprechend der Höhe des Infektionsrisikos, das sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergibt, sind filtrierende Halbmasken (mindestens FFP2 oder vergleichbar) als persönliche Schutzausrüstung erforderlich. Gleiches gilt, wenn in einer unmittelbaren Interaktion einer der Beteiligten keine Mund-Nase-Bedeckungen tragen kann. Die Mund-Nase-Bedeckungen und die filtrierenden Halbmasken sind vom Arbeitgeber bereitzustellen.

In Ziff. 4.2.4 wird unter der Überschrift "Homeoffice" zwar kein Anspruch auf die Arbeit im Homeoffice geschaffen, aber doch hervorgehoben, dass Arbeit im Homeoffice als Form der mobilen Arbeit eine Möglichkeit bietet, die Zahl der gleichzeitig im Betrieb anwesenden Beschäftigten zu reduzieren und die Einhaltung von Abstandsregeln zu unterstützen. Dabei wird indes auch gleich hervorgehoben, dass das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitszeitgesetz auch für Arbeiten im Homeoffice gelten. Regelungen zu Arbeitszeiten und Erreichbarkeit sollen getroffen werden.

Beschäftigte im Homeoffice sind im Hinblick auf einzuhaltende Arbeitszeiten, Arbeitspausen, darüber notwendige Dokumentation, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und die Nutzung der Arbeitsmittel, zum Beispiel korrekte Bildschirmposition, möglichst separate Tastatur und Maus, richtige und wechselnde Sitzhaltung und Bewegungspausen, zu unterweisen. Der Arbeitgeber muss durch geeignete Arbeitsorganisation sicherstellen, dass Beschäftigte, denen entsprechende technische Möglichkeiten für das Homeoffice im Moment nicht zur Verfügung stehen, ihre Arbeitsaufgaben erfüllen können und ausreichend Zugang zu betrieblicher Kommunikation und Informationen unter Beachtung von Abschnitt 4.2.12 haben, der wiederum Regelungen zur Berücksichtigung psychischer Belastungen enthält.

Bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Lage der Pausen ist durch geeignete organisatorische Maßnahmen nach Möglichkeit zu vermeiden, dass es zu einem engen Zusammentreffen mehrerer Beschäftigter (zum Beispiel in Pausenräumen, Kantinen, Umkleideräumen, Waschräumen und Duschen), einer erschwerten Umsetzung der Abstandsregel oder nicht unerheblichen Verzögerungen für die Beschäftigten kommt (Ziff. 4.2.8 Abs. 2)

Lesen Sie zudem bitte insbesondere die Regelungen zu Sanitärräumen, Kantinen und Pausenräumen (Ziff. 4.2.2).

Gleichwertige oder strengere Regeln, zum Beispiel aus der Biostoffverordnung oder aus dem Bereich des Infektionsschutzes, müssen jedoch weiterhin beachtet werden.

Die Regel gilt befristet für den Zeitraum der SARS-CoV-2-Pamdemie und und soll bei neuen wissen­schaftlichen Erkenntnissen, die Einfluss auf die Schutznahmen haben, angepasst werden. Nach der ersten Veröffentlichung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel am 20.08.2020 wurde diese inzwischen überarbeitet. Sie können die aktualisierte Arbeitsschutzregel auf den Internetseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hier downloaden.

Wesentliche Änderungen aufgrund vorangegangener Kritik der Arbeitgeberverbände sind, dass die Abtrennungen zwischen Arbeitsplätzen (beide sitzend = 1,5 Meter; einer steht und einer sitzt = 1,8 Meter; beide stehen = 2 Meter) nicht mehr täglich gereinigt werden müssen, sondern nur bei Kontamination. Weitere Änderungen betreffen u. a. die Lüftung sowie die Nutzung von Wasserkanistern für das Reinigen von Händen, wenn kein Wasseranschluss vorhanden ist. Ein Dokument, aus welchen die Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung hervorgehen, können Sie hier downloaden.

SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard

Mit dem am 16.04.2020 verkündeten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard (Download ⇒ hier) werden konkrete An­for­de­run­gen an den Arbeitsschutz in Zeiten der Corona-Krise geschaffen. Den Empfehlungen, die in Ko­operation des BAMS mit dem BDA, dem DGB und anderen Arbeitsschutzstellen erarbeitet wurden, kommt zwar keine Gesetzeskraft zu. Deren Nichtbeachtung kann aber Haftungsfolgen für den Arbeit­geber nach sich ziehen.

Die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes folgen aus § 4 ArbSchG. Sie betreffen in erster Linie die gesundheitsfördernde Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen, aber auch die Förderung eines ge­sund­heitsbewussten Verhaltens der Arbeitnehmer selbst. Die Prävention gegen An­steckungsgefahren mit dem Corona-Virus erfasst beide Bereiche. Danach muss der Arbeits­schutz nun bei einem schritt­weisen Hochfahren der Wirtschaft zugleich um betriebliche Maßnahmen zum Infektionsschutz vor SARS-CoV-2 ergänzt werden. Dieser soll dynamisch an den Pan­de­mieverlauf angepasst werden.

Der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard sieht folgendes vor:

  • Um die notwendigen Schutzmaßnahmen wirksam im betrieblichen Alltag zu verankern, sollen Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber bei der Umsetzung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards beraten und bei der Unterweisung unterstützen. Die Betriebe sollen ihren Beschäftigten zusätzliche freiwillige, gegebenenfalls telefonische, arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten.
  • Der Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern soll universell auch bei der Arbeit eingehalten werden, und zwar sowohl in Gebäuden als auch im Freien und in Fahrzeugen. In den Betrieben sollen entsprechende Absperrungen, Markierungen oder Zugangsregelungen umgesetzt werden. Wo dies nicht möglich ist, sollen wirksame Alternativen ergriffen werden.
  • Die Abläufe in den Betrieben sollen so organisiert werden, dass die Beschäftigten möglichst wenig direkten Kontakt zueinander haben. Schichtwechsel, Pausen oder Anwesenheiten im Büro sollen durch geeignete organisatorische Maßnahmen entzerrt, Kontakte der Beschäftigten un­ter­einander im Rahmen der Schichtplangestaltung auf ein Minimum reduziert werden. Wo eine Trennung durch Schutzscheiben nicht möglich ist, soll der Arbeitgeber Nase-Mund-Bedeckungen für die Beschäftigten und alle Personen mit Zugang zu den betrieblichen Räumlichkeiten (wie Kunden, Dienstleister) zur Verfügung stellen.
  • Der Arbeitgeber soll Waschgelegenheiten beziehungsweise Desinfektionsspender be­reitstellen, um die erforderliche häufige Handhygiene am Ein-/Ausgang und in der Nähe der Arbeitsplätze zu ermöglichen. Kurze Reinigungsintervalle für gemeinsam genutzte Räumlichkeiten, Firmenfahrzeuge, Arbeitsmittel und sonstige Kontaktflächen sollen den Infektionsschutz weiter verbessern. Auf die verbindliche Einhaltung einer "Nies-/Hustetikette" bei der Arbeit soll besonders geachtet werden.
  • Der Arbeitgeber soll seine Beschäftigten zudem aktiv unterstützen. Führungskräfte sollen vor Ort klarstellen, dass Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten Priorität haben. Alle zusätzlichen betrieblichen Infektionsschutzmaßnahmen und Hinweise sollen verständlich erklärt und gegebenenfalls erprobt und eingeübt werden.
  • Personen mit erkennbaren Symptomen (auch leichtes Fieber, Erkältungsanzeichen, Atemnot) sollen den Arbeitsplatz verlassen beziehungsweise zu Hause bleiben, bis der Verdacht ärztlicherseits aufgeklärt ist. Hier seien die Beschäftigten gefragt, ihre gesundheitliche Situation vor Arbeitsbeginn zu prüfen, um ihre Kollegen nicht in Gefahr zu bringen.
  • Die arbeitsmedizinische Vorsorge beim Betriebsarzt soll genutzt werden, da diese eine individuelle Beratung zu arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren ermöglicht. Vorerkrankungen und Ängste sollen mit den Betriebsärzten besprochen werden. Wird dem Arbeitgeber bekannt, dass eine Person einer Risikogruppe angehört, soll er die erforderlichen individuellen Schutzmaßnahmen ergreifen.
  • Um schnell auf erkannte Infektionen reagieren zu können, sollen Arbeitgeber betriebliche Routinen zur Pandemievorsorge erarbeiten und mit den örtlichen Gesundheitsbehörden kooperieren, um weitere möglicherweise infizierte Personen zu identifizieren, zu informieren und ggf. auch isolieren zu können. Beschäftigte sollen angehalten werden, sich bei Infektionsverdacht an einen festen Ansprechpartner im Betrieb zu wenden.

fachliche Informationen zum Arbeitsschutz

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stellt als Behörde im Ge­schäftsbereich des  Bundesministeriums für Gesundheit auf diesen Seiten aktuelle und fachlich ge­sicherte Informationen rund um das Coronavirus und die Erkrankung COVID-19 bereit. Sie finden hier außerdem wichtige Hygiene- und Verhaltensregeln und -empfehlungen zur Vorbeugung von In­fektionen. Alle Informationen werden regelmäßig überprüft, angepasst und ergänzt.

Die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) stellt ⇒ hier Empfehlungen zur Umsetzung des SARS-CoV-2-Arbeits­schutz­standard zur Verfügung. Da die dort aufgeführten Maßnahmen nicht abschließend sind und durch weitere ergänzt werden können und ggf. müssen, ver­weist die BGHW auch auf ergänzende Information der  zuständigen Unfallversicherungsträger wie z.B. der BG BAU, BGNBGETEM, BG RCIBG Verkehr und DGUV).

Auf der Website der Verwaltungsberufsgenossenschaft finden Sie ⇒ hier Hinweise zur Gefähr­dungsbeurteilung und Hygiene im Betrieb während der Coronavirus-Pandemie einschließlich eines Musters einer Gefähr­dungs­be­urteilung während der Coronavirus-Pandemie, Han­dlungs­hilfen für einen Hygiene­plan und eine Un­terweisung zu Hygienemaßnahmen.

 

Corona-Warn-App auf dienstlichen Mobiltelefonen

Die Corona-Warn-App ist bekanntermaßen ein Projekt im Auftrag der Bundesregierung, welches allen notwendigen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit gerecht wird. Die Nutzung dieser App ist nicht nur im allgemeinen Interesse. Sie kann auch im Interesse des betrieblichen Gesundheitsschutzes eine wichtige Unterstützung bieten.

Unserer Ansicht nach darf der Arbeitgeber daher die Corona-Warn-App auf dienstlichen Mobiltelefonen installieren bzw. deren Installation und Nutzung anordnen. Dabei können aber Mitbestimmungsrechte der Betriebs- bzw. Personalräte aus dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bzw. § 66 Abs. 1 Nr. 11 NPersVG in Betracht kommen. Eine Anordnung, das Telefon auch außerhalb der Arbeitszeit mit sich zu führen, wird nicht möglich sein. Ebenso wird der Arbeitgeber seine Beschäftigten nicht verpflichten können, die App auch auf privaten Mobiltelefonen zu installieren. Eine Empfehlung, dies zu tun, erscheint aber durchaus als sinnvoll.

Erhält der Arbeitnehmer über die Corona-Warn-App einen Alarm, ist er verpflichtet, seinen Arbeitgeber darüber unverzüglich zu informieren. Dies folgt aus § 16 Abs. 1 ArbSchG, wonach der Beschäftigte dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihm festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit unverzüglich zu melden hat. Eine Infektion mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2)  ist gem. § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG eine meldepflichtige Information; die Erkrankung an COVID-19 ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 t IfSG meldepflichtig. Eine Infektionswarnung durch die App dokumentiert somit, dass eine Gefahr i.S.d. § 16 Abs. 1 ArbSchG besteht.

Erlangt der Arbeitgeber dann Kenntnis von der Meldung, so hat er alles betriebsorganisatorisch Notwendige zu unternehmen, um die Beschäftigten vor einer potentiellen Ausbreitung des Virus im Betrieb und damit auch seinen Betrieb selbst zu schützen. Die Meldung an sich besagt, dass der Betroffene Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19 hatte. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Verdachtsfalls ist dann nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, dass der Betroffene COVID-19-Symptome aufweist. Ein Großteil der mit dem Coronavirus Infizierten hat trockenen Husten und Fieber. Weitere Krankheitsanzeichen können Schnupfen, Gliederschmerzen, Hals- oder Kopfschmerzen sowie Atemnot sein (siehe dazu den SARS-CoV-2 Steckbrief des RKI und die tabellarische Darstellung der Symptome im Vergleich zur Influenza-Grippe der AOK Niedersachsen). Dann ist eine diagnostische Aufklärung erforderlich.

Bis zur Klärung, ob sich der Betroffene tatsächlich infiziert hat, kommen die üblichen Mittel wie Anordnung von Arbeit im Home-Office, die Inanspruchnahme von Freizeitausgleich etc. in Betracht. Als letztes Mittel verbleibt auch die Freistellung von der Arbeitspflicht bis zur Feststellung, ob tatsächlich eine Infektion vorliegt oder nicht. Die Warnung durch die App berechtigt den Beschäftigten aber noch nicht, eigenmächtig der Arbeit fernzubleiben.

Erste Hilfe und Ersthelfer

Die Erste Hilfe gehört deshalb zu den Aufgaben jedes Arbeitgebers. Er hat dafür zu sorgen, dass im Betrieb eine ausreichende Zahl von Beschäftigten zu Ersthelfern ausgebildet werden. In Zeiten von Homeoffice und vermehrten Krankheitsfällen aufgrund des Corona-Virus aber sind Besonderheiten zu beachten. Wie viele Ersthelfer sollten weiter zur Verfügung stehen? Was passiert, wenn sie jetzt ihre notwendigen Auffrischungskurse nicht wahrnehmen können? Und worauf müssen Ersthelfer bei ihren Einsätzen aktuell besonders achten?

Der Fachbereich Erste Hilfe der Ver­waltungs­be­rufsgenossenschaft DGUV hat dazu in einer FAQ Liste die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst.

Verhaltensvorschriften gegenüber den Arbeitnehmern

In Unternehmen mit Betriebsrat kann der Arbeitgeber unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats („Ordnung des Betriebs" gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und Gesundheitsschutz gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) den Beschäftigten Vorsichtsmaßnahmen vorschreiben, wie z. B. das Tragen eines Mundschutzes (der dann vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und zu bezahlen ist), der Verzicht auf Händeschütteln und ggf. weitere Maßnahmen, die von Behörden oder Ge­sund­heitsexperten empfohlen werden.

Das Robert-Koch-Institut hält dafür eine Infografik für nichtmedizinische Einsatzkräfte bereit.

Die Zulässigkeit der Anordnung zur Durchführung von Fiebermessungen vor Betreten des Betriebs unterliegt ebenfalls der Mitbestimmung des Betriebsrates. Ob eine pauschale Anordnung zur Durchführung von Fiebermessungen zum jetzigen Zeitpunkt zulässig ist, ist noch ungeklärt; wir tendieren zur Ananhme der Zulässigkeit. Letztlich hängt die jeweilige Anordnung von den maßgeblichen Umständen des Einzelfalles ab.

Ohne Betriebsrat können diese Maßnahmen vom Arbeitgeber einseitig angeordnet werden, insbesonder solche Maßnahmen, die aus den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards folgen. Eine  recht­liche Grundlage für Maßnahmen, die der Arbeitgeber anordnet, nennt § 15 Abs. 1 Ar­beits­schutz­ge­setz. Danach sind die Be­schäf­tigten verpflichtet,

"nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Wei­sung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen. Ent­sprechend Satz 1 haben die Beschäftigten auch für die Sicherheit und Gesundheit der Personen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind."

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