Arbeitsrecht in der Pandemie

Rückkehrer aus Hochrisiko-/Virusvariantengebieten - Quarantänepflicht

Nach Deutschland aus dem Ausland einreisende Personen, die sich innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, können je nach der aktuell geltenden Rechtslage verpflichtet sein, sich unverzüglich nach der Einreise für einen Zeitraum von 10 Tagen in häusliche Quarantäne (sog. Absonderung) zu begeben, die frühestens durch einen negativen Coronatest am fünften Tag nach der Rückreise beendet werden kann.

Lesen Sie dazu das BMG-Merkblatt für Reisende (Download über das RKI ⇒ hier). Für die konkrete Umsetzung der Maßnahmen  sind die Bundesländer zuständig. Das Robert- Koch-Institut (RKI) weist hierzu die internationalen Risikogebiete bzw. Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete aus, nach deren Besuch eine Pflicht zur Quarantäne bestehen kann (Download ⇒ hier).

Der Arbeitgeber ist in diesem Falle berechtigt, alles betriebsorganisatorisch Notwendige zu unter­nehmen, um andere Beschäftigte zu schützen und die Arbeitsleistung aufrecht zu erhalten. Davon kann unter anderem die Anordnung von Homeoffice erfasst sein. Ist die Erbringung der Arbeits­leistung im Homeoffice nicht möglich, besteht kein Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers. Eine Freistellung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist aber nicht erforderlich, da der Arbeitnehmer bereits nach der jeweisl geltenden Verordnung verpflichtet ist, in häuslicher Quarantäne zu bleiben.

Ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers nach dem Infektions­schutz­gesetz besteht in diesen Fällen nicht.

Begibt sich ein Arbeitnehmer bewusst in ein vom RKI als Hochrisiko-/Virusvariantengebiet ausgewiesenes Land, sind zudem Aspekte eines möglichen Mitverschuldens des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Besteht für ein Land eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, ist es aber nicht zu einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet im Sinne der Kriterien des RKI erklärt, muss sich der Arbeitnehmer in der Regel nicht in Quarantäne begeben. Lesen Sie dazu ⇒ hier weiter.

Vergütung der von Quarantänemaßnahmen in Deutschland betroffenen Arbeitnehmer

Quarantäne bzw. die sog. "Absonderung" nach dem Infektionsschutzgesetz ist kein Fall der Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitnehmer darf lediglich sein - im Normalfall häus­liches - Umfeld nicht verlassen. Kann er dann seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen, hat der Arbeitnehmer u.U. einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber nach § 616 BGB, sofern dieser nicht tarif- oder arbeitsvertraglich, wie in unseren Allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen, ausgeschlossen ist.

In den meisten Fällen der Quarantänepflicht wird es sich nicht nur um eine „kurzzeitige Verhinderung“ i.S.d. § 616 BGB handeln, der grundsätzlich nur sehr kurze Zeiträume von wenigen Tagen erfasst. Ein Urteil des BGH aus dem Jahr 1978, in dem der BGH einen Zeitraum von sechs Wochen noch als kurzfristige Verhinderung gewertet hat, ist eine Einzelfallentscheidung und nicht auf die heutige Situation übertragbar. Vielmehr entfällt der Anspruch aus § 616 BGB bei Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle von nur wenigen Tagen vollständig.

Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz können aber nur dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer persönlich infolge einer Anordnung des Gesundheitsamtes "abgesondert" wird. Dass ein Arbeitnehmer nach Urlaubsrückkehr aus einen Hochrisiko oder Virusvariantengebiet verpflichtet ist, sich zunächst selbst für 10 oder 14 Tage in häusliche Quarantäne zu begeben, reicht dazu nicht aus.

Tatsächlich Erkrankte haben indes die normalen Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall und nach 6 Wochen Krankengeldansprüche nach den allgemeinen Bestimmungen.

Entschädigung bei behördlich angeordneter Quarantäne und Selbstabsonderung

Personen, die als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts isoliert werden oder sich auf aufgrund einer Rechtsverordnung selbst absondern und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, erhalten eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetzes. Eine Entschädigung für Verdienstausfall kann auch dann gewährt werden, wenn sich eine Person vor der Anordnung einer Absonderung oder eines Tätigkeitsverbots vorsorglich selbst absondert beziehungsweise ihre berufliche Tätigkeit nicht ausübt, wenn zu diesem Zeitpunkt eine entsprechende behördliche Anordnung hätte erlassen werden können.

Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der siebten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes gewährt. 

Ungeimpfte erhalten erhalten ab 01.11.2021 keine Entschädigung mehr. Diese haben dann in der Zeit der Quarantäne auch keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen ihren Arbeitgeber, müssten also bspw. Urlaub nehmen. Daher steht dem Arbeitgeber bei angeordneter Quarantäne auch ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer nach dem Impfstatus zu. Lesen Sie dazu auch ⇒ hier weiter.

Arbeitnehmer erhalten von ihrem Arbeitgeber für die Dauer der Isolierung, längstens für sechs Wochen, eine Entschädigung in Höhe des Nettolohns. Der Arbeitgeber muss also in Vorleistung gehen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Ab der siebten Woche ist die Entschädigungsleistung auf 67 % des Nettolohns, maximal 2.016 Euro/Monat, gedeckelt. Die Vorleistungspflicht des Arbeitgebers besteht auch nach der sechsten Woche.

Entschädigungsansprüche sind binnen einer Frist von zwölf Monaten nach Beendigung der Absonderung bei den zuständigen Landesbehörden zu stellen (vgl. § 54 IFSG, zuständig sind regelmäßig die Gesundheitsbehörden, unter Umständen auch die Versorgungsämter). Regelmäßig finden sich auch in den Landesportalen entsprechende Informationen und Antragsformulare. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes weiter.

Weiterführende Informationen finden Sie in einem instruktiven FaQ-Katalog des Bundesministeriums für Gesundheit ⇒ hier.

Informationen zu den versicherungs- und beitragsrechtlichen Folgen des Bezugs einer Ent­schä­digung nach § 56 IfSG bei Beschäftigungsverboten oder bei Absonderung können Sie dem Be­spre­chungs­papier des GKV-Spitzenverbands vom 13./14.10.2009 entnehmen.

Tatsächlich Erkrankte - auch Ungeimpfte - fallen nicht unter diese Entschädigungsregelung, weil diese bereits Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld nach den allgemeinen Bestimmungen erhalten. In diesem Fall hat auch der Arbeitgeber keinen Erstattungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz.

Kurzarbeit und Quarantäne

Das KUG beläuft sich auf rund 60 % bzw. 67 % des durch die Kurzarbeit ausgefallenden Nettoentgelts, die Entschädigungsleistung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) wird für die ersten sechs Wochen in voller Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Der Entschädigungsanspruch nach dem IfSG bei Quarantäne wird für die ersten sechs Wochen durch den Arbeitgeber ebenso wie das KUG ausgezahlt. Beide Leistungen erhält der Arbeitgeber auf Antrag erstattet, KUG von der Arbeitsagentur, den Entschädigungsanspruch von der jeweiligen Landesbehörde.

Treffen beide Ausfallgründe gemeinsam zu, erhält der Arbeitnehmer als Verdienstausfall aufgrund der Qua­rantäne indes von seinem Arbeitgeber nur das Arbeitsentgelt, das der verkürzten Ar­beits­leistung ohne Quarantäne entsprochen hätte. Dieser Betrag erhöht sich um das KUG, auf das er ohne Quarantäne Anspruch hätte. Bei Kurzarbeit Null erhält der Arbeitnehmer ausschließlich KUG.

Das KUG wird dem Arbeitgeber auch in diesem Fall von der Arbeitsagentur erstattet. Wird im gleichen Zeitraum, für den ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG besteht, KUG bezogen, geht der Entschädigungsanspruch auf die Agentur für Arbeit über. Der Arbeitgeber darf in diesem Fall die Ent­schädigungszahlung nur unter Berücksichtigung des zugeflossenen KUG beantragen.

Urlaub und Quarantäne

Unterfällt der Arbeitnehmer während seines Urlaubs einer Quarantänepflicht, ohne an Covid-19 zu erkranken, ändert das nichts an der wirksamen Bewilligung des Urlaubs. Es bleibt dabei, dass der Urlaubsanspruch erfüllt wird und der Arbeitnehmer erhält weiterhin sein Urlaubsentgelt. Für diesen Zeitraum besteht auch kein Entschädigungsanspruch nach dem IFSG. Das folgt mittelbar aus dem Urteil des BAG vom 25.08.2020 (Az. 9 AZR 612/19).

Wer während seines Urlaubs an Covid-19 erkrankt, muss sich ärztlich bescheinigen lassen, dass er aufgrund der Erkrankung arbeitsunfähig ist. Andernfalls ist der Arbeitgeber nicht zur Nachgewähr des Urlaubs verpflichtet, so das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 15.10.2021 (7 Sa 857/21).

Das LAG Düsseldorf machte mit seiner Entscheidung deutlich, dass die Regelung in § 9 BUrlG zwischen einer Erkrankung einerseits und einer darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit andererseits differenziere. Beide Begriffe seien nicht gleichzusetzen. Daher erfordert die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits bewilligtem Urlaub, dass durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen wird, dass aufgrund der Erkrankung Arbeitsunfähigkeit gegeben ist. Alleine die Quarantäne-Anordnung des Gesundheitsamtes ersetzt dieses Erfordernis nicht. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit muss durch einen Arzt vorgenommen werden.

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