Arbeitsrecht in der Pandemie

Kinderbetreung wegen der Schließung von Kindergärten und Schulen

Nach der geltenden Rechtslage haben die Eltern als Arbeitnehmer in der Regel ein Leistungs­verweigerungsrecht, wenn bei Schließung der Kita oder der Schule die Betreuung eines Kindes, das aufgrund seines Alters betreut werden muss, nicht anders sichergestellt werden kann. Die Erbringung ihrer Leistungsverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag gilt dann als unzumutbar (§ 275 Abs. 3 BGB). Voraussetzung ist dabei, dass keine anderweitige Betreuung, z.B. durch Nachbarn, den Ehepartner oder eine eingerichtete Notbetreuung, möglich ist.

Ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht nur unter den Voraussetzungen des § 616 BGB. Danach bleibt der Vergütungsanspruch bestehen, wenn die Verhinderung nur eine "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" andauert. Dies sind nach allgemeiner Auffassung höchstens zehn Tage. Der Anspruch aus § 616 BGB kann zudem von vornherein durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein. Das ist bspw. in unseren Allgemeinen Arbeitsvertragsbedingungen der Fall.

Kinderkrankentagegeld

Mit dem geänderten Infektionsschutzgesetz wurde auch das Kinderkrankengeld für gesetzlich versicherte Berufstätige aus § 45 Abs. 2a SGB V auf 30 statt 10 und für Alleinerziehende auf 60 statt 20 Kinderkrankentage ausgeweitet, damit die Eltern ihre Kinder während pandemiebedingter Schul- oder Kita-Schließungen zuhause betreuen können.

Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung grundsätzlich auch im Homeoffice erbracht werden kann. Der erhöhte Anspruch gilt bis zum 19.03.2022.

Ausgleich des Verdienstausfalls betreuender Eltern

Am 30.03.2020 ist eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes in Kraft getreten, die befristet für die Zeit der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite finanzielle Unterstützungsleistungen für die Schul- und Kinder­gar­ten­schließungen vorsieht (§ 56 Abs. 1a IFSG). Das gilt auch dann, wenn die Einrichtung zwar nicht geschlossen, aber deren Betreten infolge einer Quarantäneanordnung ("Absonderung") gegen einzelne Kinder verboten ist. In Zuge des Shutdowns ab 16.12.2020 wurde die Regelung noch um den Fall ergänzt, dass aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebs­ferien angeordnet oder die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wurde.

Arbeitnehmer, die deshalb außerhalb der regulären Schulferien ihre Kinder betreuen müssen und nicht arbeiten können, haben für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen einen Entschä­digungsanspruch in Höhe von 67 % des monatlichen Nettoeinkommens, maximal jedoch 2.016 EUR pro Monat.

Der Anspruch wurde durch das Coroana-Steuerhilfegesetz auf 10 Wochen pro Er­ziehungsberechtigten bzw. 20 Wochen für Alleinerziehende verlängert.

Die Auszahlung erfolgt wie bei Qua­ran­tänemaßnahmen für längstens 6 Wochen durch den Arbeitgeber zusammen mit dem normalen Arbeitslohn des laufenden Monats. Auf Antrag erhält der Arbeitgeber von der zuständigen Landesbehörde - in Niedersachsen sind die Gesundheitsämter der Landkreise und Kreisfreien Städte zuständig - einen Ausgleich. Der Antrag ist innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Einstellung der Tätigkeit zu stellen; der Arbeitgeber kann auch einen Vorschuss be­antragen (§ 56 Abs. 12 IFSG).

Nach Ablauf der 6 Wochen ist der Antrag durch den Arbeitnehmer selbst zu stellen. Die Entschädigung wird dann in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 SBG V, also 70 % des letzten Nettoein­kommens, gewährt.

Voraussetzung für den Anspruch ist:

  1. Erwerbstätige Sorgeberechtigte, also im Regelfall die Eltern - im Fall, dass das Kind in Vollzeit­pflege nach § 33 SGB VIII in den Haushalt aufgenommen wurde, steht der Ent­schä­digungs­anspruch anstelle der Sorgeberechtigten den Pflegeeltern zu - haben Kinder zu betreuen, die
    1. noch nicht das 12. Lebensjahr vollendet haben oder
    2. behindert und dementsprechend auf Hilfe / Betreuung angewiesen sind.
  1. Anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit dürfen nicht bestehen. Dies ist vom Arbeitnehmer auch gegenüber dem Arbeitgeber darzulegen. Corona-Risikogruppen wie Großeltern müssen nicht herangezogen werden.

  2. Gleitzeit- bzw. Überstundenguthaben sind vorrangig abzubauen.

  3. Andere Möglichkeiten, der Arbeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben wie bspw. zumutbare Arbeit im Home Office, bestehen nicht.

  4. sonstige Entgeltfortzahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber bestehen nicht.

Die einen Anspruch nach § 56 Abs. 1a IFSG ausschließenden anderweitigen Ansprüche gegen den Arbeitgeber können, so die Gesetzesbegründung, aus anderen gesetzlichen, tariflichen, betrieblichen oder individualrechtlichen Grundlagen folgen. Zu den gesetzlichen Grundlagen gehört auch § 616 BGB, sofern dieser nicht tariflich oder arbeitsvertraglich, wie in unseren Allgemeinen Arbeits­ver­tragsbedingungen, aus­ge­schlossen ist.

Für Niedersachsen finden Sie ⇒ hier weitere Informationen über die Zahlung der Entschädigung nach dem IFSG und ⇒ hier das Antragsformular für den Arbeitgeber auf Erstattung der Leistungen.

Darüber hinaus bietet das Bundesgesundheitsministerium im Internet Hinweise zum Erstattungs­ver­fahren nach § 56 Infektionsschutzgesetz an (Download  hier).

Die Regelung gilt bis zum 19.03.2022.

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