Arbeitsrecht in der Pandemie

Impfungen während der Arbeitszeit

Freistellung für die Impfung während der Arbeitszeit
Termine der Gesundheitsvorsorge, also ohne Vorliegen einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung, sind von den Arbeitnehmern im Rahmen des Möglichen außerhalb der Arbeitszeit zu vereinbaren. Bei den Corona-Schutzimpfungen gilt nichts anderes, nur wird es voraussichtlich keinen Spielraum bei der Terminvergabe geben. In Fällen, in denen die Impfung nicht außerhalb der Arbeitszeit erfolgen kann, besteht ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die zur Impfung erforderliche Zeit einschließlich ärztlicher Betreuung und Beratung vor und nach der Impfung sowie Warte- und Wegezeiten. Ein Anspruch auf Vergütung der ausgefallenen Arbeitszeit bzw. Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto kann sich aus Tarifverträgen oder aus § 616 BGB ergeben, sofern dies nicht, wie in unseren Allgemeinen Beschäftigungsbedingungen vorgesehen, ausgeschlossen ist.

Allgemeine Impfpflicht für Arbeitnehmer

Bisher gibt es in Deutschland keine allgemeine Impfpflicht. Arbeitnehmer sind grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, sich impfen zu lassen. Andererseits können Arbeitgeber im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Betriebs und den Schutz Dritter ein berechtigtes Interesse an der Corona-Schutzimpfung der Beschäftigten haben, sofern diese nicht als Genesene den Geimpften gleichgestellt sind.

Allerdings werden die Interessen des Arbeitgebers aufgrund des rein präventiven Charakters einer Impfung und der Eingriffsintensität (Nadeleinstich und Injektion körperfremder Substanzen sowie mögliche Nebenwirkungen und mit der Impfung verbundene Risiken) regelmäßig gegenüber dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des Beschäftigten zurücktreten müssen. Die Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers findet daher ihre Grenzen bei der zulässigen Anordnung von pandemiekonformen Verhaltensanweisungen, wie etwa der Einhaltung der AHAL-Regeln oder der Ermöglichung von mobilem Arbeiten/Homeoffice. Eine Impfung kann daher ohne das Hinzutreten weiterer Umstände vom Arbeitgeber nicht angeordnet werden.

Impfpflicht für besondere Arbeitnehmergruppen (einrichtungsbezogene Impfpflicht)

Nach dem am 10.12.2021 beschlossenen Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie müssen Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegebereichs bis zum 15.3.2022 nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können (= einrichtungsbezogene Impfpflicht).

Die Impfpflicht gilt grundsätzlich für Beschäftigte folgender Einrichtungen:

  • Krankenhäuser,
  • Einrichtungen für ambulantes Operieren,
  • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
  • Dialyseeinrichtungen,
  • Tageskliniken,
  • Entbindungseinrichtungen,
  • Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der oben genannten Einrichtungen vergleichbar sind,
  • Arztpraxen,
  • Zahnarztpraxen,
  • Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
  • Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,
  • Rettungsdienste,
  • sozialpädiatrische Zentren,
  • medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen,
  • voll- und teilstationäre Pflegeheime für ältere, behinderte oder pflegebedürftiger Menschen,
  • ambulante Pflegedienste und
  • weitere Unternehmen, die den genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten.

Ausgenommen sind Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Sie müssen dies dann durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes nachweisen.

Die Beschäftigten müssen ihrem Arbeitgeber bis zum 15.3.2022 einen Nachweis über eine abgeschlossene Impfung, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können, vorlegen. Arbeitgeber haben das zuständige Gesundheitsamt zu informieren, wenn die Nachweise nicht fristgerecht vorgelegt werden oder Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Nachweise bestehen. Das Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in - oder den Zutritt zu - den Einrichtungen, in denen die Nachweispflicht gilt, untersagen.

Alle wesentlichen Fragen beantwortet das Bundesgesundheitsministerium ⇒ hier.

Impfpflicht im Arbeitsvertrag / Impfprämie

Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung zur Impfpflicht gegen das Corona-Virus dürfte an den Anforderungen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB scheitern und damit gemäß § 307 Abs. 1 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung unwirksam sein.

Im Bereich der Betreuung und Pflege vulnerabler Personen, insbesondere wenn sich herausstellen sollte, dass die Impfung nicht nur vor der Infektion mit dem Virus des Geimpften, sondern auch vor dessen Verbreitung schützt, dürfte eine Abwägung zugunsten des Gesundheitsschutzes der zu betreuenden Personen dahin ausgehen, so dass eine Impfung oder Immunität, die nachweisbar und nachgewiesen ist, zur Voraussetzung der Beschäftigung gemacht werden kann. Das ist bisher aber noch nicht obergerichtlich entschieden.

Impfprämie zur Steigerung der Impfbereitschaft?
Das Ausloben einer Prämie für die Impfung dürfte zulässig sein und nicht an einer möglichen "Benachteiligung" oder "Maßregelung" der Impfunwilligen scheitern, da das tragende Motiv des Arbeitgebers der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und Dritter wie Kunden etc. ist.

Fragerecht nach dem Impf-/Genesenenstatus

Aus der 3G-Regel am Arbeitsplatz ergibt sich zwar ein mittelbares Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impf-/Genesenenstatus. Der Arbeitnehmer aber kann die Auskunft verweigern, dies indes nur mit der Folge, dass er dann ersatzweise der Testpflicht unterliegt.

Nach § 4 Abs. 2 Corona-ArbSchV können Beschäftigte, bei denen ein Nachweis vollständiger Impfung oder Genesung von einer COVID-19-Erkrankung vorliegt, vom Testangebot ausgenommen werden. Ob ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impf- bzw. Genesenenstatus besteht, ist umstritten. Ein Fragerecht kann bestehen, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Information hat und das Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung seiner Daten das Interesse des Arbeitgebers an der Erhebung dieser Daten nicht überwiegt.

Nach Auffassung der BDA besteht ein Fragerecht regelmäßig nach einer Interessenabwägung, da das Interesse des Arbeitgebers am Gesundheitsschutz aller Mitarbeiter das Interesse der Beschäftigten an der Geheimhaltung überwiegt. Die Corona-ArbSchV verhält sich hierzu nicht eindeutig. In ihrem neuen § 2 Abs. 2 Satz 3 sieht sie Differenzierungsmöglichkeiten nach dem Impf- oder Genesenenstatus bei der Festlegung und Umsetzung von Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes vor. In ihrer Begründung stellt sie nur klar, dass sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 kein Auskunftsrecht des Arbeitgebers über den Impf- oder Genesenenstatus ergebe.

Ein Fragrecht des Arbeitgebers besteht aber in Verbindung mit § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG. Nach § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG erhält keine Entschädigung, wer durch Inanspruchnahme einer Impfung eine Quarantäne hätte vermeiden können (lesen dazu ⇒ hier weiter). Da der Arbeitgeber für die Entschädigungsleistung gesetzlich zur Vorleistung verpflichtet ist, muss er wissen, ob der betroffene Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch auf Entschädigung hat. In diesem Zusammenhang hat das BMG ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus bestätigt. Einen entsprechenden Hinweis nimmt das BMG in seine FAQs auf.

Im Rahmen des Bewerbungsprozesses gelten diese Grundsätze entsprechend.

In der seit dem 10.09.2021 geltenden Fassung der Corona-Arbeits­schutz­ver­ord­nung dürfen Arbeit­geber den Impf- oder Gene­sungs­status ihrer Arbeit­neh­mer bei der Fest­le­gung der Arbeits­schutz­maß­nahmen berück­sich­tigen, falls er ihnen bekannt ist. Im Rahmen der Gefähr­dungs­be­wer­tung kann eine Neu­be­wer­tung vor­ge­nommen werden, um die ein­zelnen Schutz­maß­nahmen anzu­passen. Aktuelle Hinweise der gesetz­liche Unfall­ver­si­che­rung (DGVU) finden Sie in einem aktu­ellen Posi­ti­ons­pa­pier.

Für Beschäftigte im Gesundheitswesen schafft bereits § 23a IfSG ein Fragerecht nach dem Impf- bzw. Genesenenstatus. Der Arbeitgeber kann den Status erfragen, um auf dessen Basis zu entscheiden, ob und wie die Arbeitnehmer eingesetzt werden können.

Zugangsbeschränkung für ungeimpfte Arbeitnehmer

In Betrieben, in denen das Personal unter den vorstehend ⇒ hier genannten Voraussetzungen zur Impfung verpflichtet ist, kann nicht geimpften Beschäftigten der Zugang zumindest in risikobehaftete Bereiche verweigert werden.

In allen anderen Fällen dürfte das nicht möglich sein, da es sich dabei um einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB handeln könnte, da anders als bei der Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase eine gesetzliche Pflicht zur Impfung gerade nicht besteht. Darüber hinaus dürfte eine Zugangsbeschränkung mit den hohen Anforderungen der DSG-VO und des BDSG bzw. DSG-NDS nicht in Einklang zu bringen sein.

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